Nazivergleiche und fliegende Pferde: Wenn es um die Documenta geht, bleibt Fil Ieropoulos nur bitterer Humor. Mit Freunden hat er das Kollektiv „Documena“ gegründet, das nicht nur im Namen die Ähnlichkeit zur Documenta sucht.

Eine deutsche Ausstellung in Athen: Fil sieht darin eine moderne Form von Kolonialismus. Und weil ihm die Opferrolle nicht gefällt, wehrt er sich – mit Humor und mit dem Documenta-Material, das er im Internet findet:

Denn seit Beginn der Finanzkrise ist es für die Griechen beinahe unmöglich, Kunst zu machen. Die wenigen Fördertöpfe, die es gab, sind versiegt.

Deshalb sind nicht alle griechischen Künstler so vehement gegen die Ausstellung. Denn was die Documenta 14 mitbringt, ist Geld:

Eine, die das als Chance sieht, ist Mary Zygouri. Seit zehn Jahren arbeitet sie zur deutsch-griechischen Vergangenheit. Durch die Documenta hat sie nun endlich genug Geld, um ihr Projekt zu realisieren:

Diese Documenta will „von Athen lernen“ und verlässt deshalb ihren Spielort Kassel. Dort wurde sie 1955 gegründet – um die von den Nazis verbannte Avantgarde zurück nach Deutschland zu holen:

130.000 Besucher kamen zur ersten Documenta ins vom Krieg zerstörte Kassel, um unter anderem diese Picasso-Gemälde zu sehen. Die Geschichte der Documenta ist eine sehr deutsche Geschichte.

Doch in diesem Jahr sind die 160 Künstler eingeladen, ihre Werke erst in Athen zu zeigen, bevor sie nach Kassel gehen: Es geht um Kolonialisierung, Globalisierung und Gewalt. Viele thematisieren, wie Mary Zygouri, auch die deutsch-griechische Vergangenheit:

Mary Zygouri in ihrem Studio

Kettly Noël bei einer Probe

Wandgemälde von Gordon Hookey

Gordon Hookey

Malereien des verstorbenen Künstlers Tshibumba Kanda Matulu

Performance von Mattin

Eine von ihnen ist die Künstlerin Nevin Aladağ, die in der Türkei geboren und in Deutschland aufgewachsen ist. Ihre Antwort auf die Konflikte zwischen Nord und Süd und West und Ost: Ein Konzert auf Instrumenten aus Möbeln. Wie das klingt?

Hier, während der Documenta, wird das Musikzimmer Athen erstmals von Musikern bespielt. Nevin Aladag wird es im Konservatorium Odeon einrichten. Teile des Gebäudes standen vorher leer:

Vor 40 Jahren wurde der Bau des Amphitheaters im Konservatorium abgebrochen. Jetzt wird es zu einem Spielort der Documenta 14.

So wie das Odeon stehen viele Gebäude verwaist. Die Metropolregion Athen hat 3,7 Millionen Bewohner, doch im Stadtkern stehen die Häuser leer.

Weil Renovierungen zu teuer sind, verfallen einst prachtvolle Gebäude. Eines von ihnen ist das Hotel Bageion im Zentrum Athens.

Viele Kulturinstitutionen mussten schließen, und so bewegt sich die Kunst auf die Straße. Die Materialien für Street-Art sind vergleichsweise günstig.

Eine weitere Neueröffnung: das Nationale Museum für zeitgenössische Kunst. Kurator Pierre Bal-Blanc konzipiert hier die erste Ausstellung in der Geschichte des Gebäudes.

Der Bau wurde 2014 abgeschlossen, doch dann fehlte das Geld zur Eröffnung. Jetzt wird es durch die Documenta 14 eingeweiht.

Man bespielt den Leerstand, renoviert Brachen, arbeitet mit Geflüchteten. Viele kritisieren das, was die Documenta tut, als eine Art Entwicklungshilfe durch Kunst:

Die Kuratoren der Documenta freut die Diskussionen. Eine Woche vor Eröffnung der großen Kunstschau steht der Niederländer Hendrik Folkerts im größtenteils noch leeren Benaki-Museum und betreut die Aufbauarbeiten. Doch eine Frage versteht er nicht:

Im Grunde, so sagt Hendrik Folkerts, ist die politische Diskussion das eigentliche Ziel dieser Documenta. Doch anderen geht das nicht weit genug:

Nayia Yiakoumaki hat ihre Heimat vor bald 20 Jahren verlassen. Nun kehrt sie zurück nach Athen, um hier die Biennale zu leiten. In einem verlassenen Hotel im Stadtkern erklärt sie, dass ihr Land vor allem eines nicht braucht: falsche Hoffnung.

Was wirklich bleiben wird von der Documenta in Athen? Vielleicht einige der vielen Kollektive, deren Namen für sich sprechen: „Learning from Documenta“, „Depression Era“, „Institute for the Management of the Athenian Post-documenta Melancholy“.

Und vielleicht finden sie am Ende heraus: War das jetzt alles gut? Oder nur gut gemeint?

Das Team

Autoren und Kamera Maria Feck, Rosa Thoneick

Fotos Maria Feck

Schnitt Maria Feck, Rosa Thoneick

Archivfoto Keystone

Animation Lorenz Kiefer

Programmierung Tobias Hellwig

Redaktion Jens Radü

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